Warum wird Roger Goodell beim NFL Draft ausgebuht?

Eine der Traditionen beim NFL Draft ist es, Roger Goodell bei seinen Auftritten auf der Bühne auszubuhen. Die Buhrufe sind so sehr zu einer festen Tradition des Drafts geworden, dass Goodell während des virtuellen Drafts 2020 sogar innehielt, um den Fans dafür Zeit zu geben. Während Goodell sicherlich die Rolle des Bösewichts mit Bravour spielt, erschließt es sich dennoch nicht unmittelbar, warum er mit der Tradition des Ausbuhens leben muss.

Als der Draft fast ein Jahrzehnt lang bis 2014 in der Radio City Music Hall in New York stattfand, hätte man glauben können, dass die Buhrufe durch die New York Jets Fans, die sich endlich nach einer Meisterschaftssaison sehnten, angeheizt wurden. Die Menge hat Goodell jedoch seitdem bei jedem Draft-Standort ausgebuht - von Chicago über Philadelphia bis nach Paradise, Nevada.

Was ist also der wirkliche Grund für diese negative Reaktion aus scheinbar jedem Fan-Lager? Ist es nur die Tradition und das Wissen, dass man Goodell ausbuhen sollte, wenn er auf die Bühne kommt? Es gibt jedoch tatsächlich mehrere mögliche Gründe hinter der Tradition, die in Frage kämen.

Einige Experten verweisen auf den Spielerstreik von 1987. Als die Spieler sich weigerten zu spielen, wandte sich die NFL an Spieler aus der damaligen Canadian Football League und an Spieler, die in der Vorsaison entlassen worden waren. Das erwies sich natürlich als äußerst unpopulär, und da der Commissioner letztendlich das Gesicht der Liga ist, hat sein Büro seitdem den größten Teil dieser Frustration zu tragen.

Natürlich war außerdem der legendäre Pete Rozelle im Jahr 1987 der Commissioner der NFL und hatte diese in fast 30 Jahre durch außergewöhnliche Herausforderungen und sicher zum Wachstum gelenkt. Die Erfahrung des Streiks von 1987 könnte also noch in der DNA der Football-Fans nachwirken. Goodell kann aber sicherlich nicht dafür verantwortlich gemacht werden.

Dennoch hat Goodell schon mehrfach Kritik dafür erhalten, wie er mit vielen heiklen Themen umgegangen ist, darunter häusliche Gewalt in Spielerkreisen, Spieler-Sicherheit und Betrugsvorwürfe.

Ein weiterer Grund die Buhrufe könnte sein, dass es nur begrenzte Möglichkeiten gibt, Goodell ins Gesicht zu sagen, welche Meinung man zu der Güte seiner Arbeit hat. Der Commissioner interagiert selten mit großen Gruppen von Fans, und er spricht auch nicht häufig in der Öffentlichkeit. Damit ist jede Gelegenheit, dem Mann an der Spitze dieser bedeutenden Liga seine Frustrationen mitzuteilen, offensichtlich für viele Fans gut investierte Zeit. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Owner der NFL Franchises.  Selten bekommen Fans die Gelegenheit, Ihnen ihren Unmut direkt zu zeigen. Als Gesicht dieser Ownership bekommt Goodell dann den Unmut sozusagen stellvertretend in der ersten Nacht des Drafts zu spüren.

Goodell befindet sich damit jedoch in guter Gesellschaft. Er ist nicht der einzige Commissioner, der beim Draft ausgebuht wird. Eishockey-Fans machen es beim NHL Draft, und NBA-Fans ließen David Stern ebenfalls lautstark wissen, was sie denken.